16.02.2019

1 Jahr Portrait Fotografie, meine Erfahrungen

Ein wirkliches Ziel hatte nicht, ich wollte eher mal reinschnuppern. Was ist Portrait Fotografie? Wie funktioniert sie? Was sind die Probleme und was die Freuden? Diese Fragen wollte ich für mich beantworten.

Im Januar 2018 dachte ich es sei eine gute Idee, mit Portrait Fotografie anzufangen. Was ich im Laufe der Zeit gesehen und erfahren habe, hat mich etwas erschreckt aber auch begeistert. Ich durfte sehr viel lernen und mit vielen tollen Menschen zusammenarbeiten. Das Jahr ist vorbei und jetzt ist ein guter Zeitpunkt sich anzuschauen was alles passiert ist.

Aller Anfang ist schwer

Zum Glück hab ich ein Hobby Fotomodel in der Familie und die brachte gleich noch ihre Freundin zum Shooting mit. So entstanden bei Eiseskälte die ersten Neonportraits. Nach knapp 1,5 Std. frieren, probieren und Fotos machen, waren zwei Serien von Bildern auf der Kamera. Auf die Bilder bin ich sehr stolz und sie gefallen mir heute immernoch.

Natürlich habe ich mit kostenlosen TFP Projekten angefangen. TFP ist dabei eigentlich ein etwas veraltetes Kürzel. Es bedeutet “Time For Prints”. Dabei geht es aber heute nicht mehr um gedruckte Bilder, sondern um digitale. Und ich denke genau hier liegt schon der erste Knackpunkt.

Gedruckte Bilder sind vollendete Kunst

Von einem Fotografen gedruckte Bilder zu erhalten, macht viel mehr her als ein paar Daten zu versenden. Es wird auf wichtige Stilmittel der Fotografie verzichtet, darunter Papier, Rahmen, Anschnitt und Farbproof. Zudem geht etwas ganz wichtiges komplett verloren, die Haptik. Man hat die Bilder nicht in der Hand, die Bilder sind nicht fühlbar, sie sind sogar viel weniger präsent.

Fragt euch Mal selbst, wie viele hunderte von Bildern ihr auf dem Rechner habt. Ein Shooting mehr oder weniger, 6 Bilder mehr oder weniger, was macht das schon. Die Bilder sind vielleicht für eine Woche präsent, danach versinken sie einfach in der Datenmenge.

Bei gedruckten Bildern ist das anders, sie sind präsent. Man überlegt sich wo und wie man sie aufhängt, findet einen tollen Rahmen um das Bild zu präsentierenund läuft immer wieder daran vorbei. Gedruckte Bilder sind ein komplettes, vollendetes Kunstwerk.

Arbeiten mit Menschen

Ich arbeite gerne mit anderen Menschen zusammen, es macht einfach super viel Spaß. Gerade in der Fotografie passiert es, dass man einen besonderen Moment miteinander teilt. Dieser Moment ist ein Erfolgsgarant dafür, ob ein Shooting und das Resultat gut wird. Shootings zu organisieren ist aber gar nicht so einfach, wie ich erst dachte. Einfach anquatschen und loslegen, klappte so gut wie nie. Nach einer Weile hatte ich dann auch raus wieso.

  • Fremden Menschen zu vertrauen ist schwer und Fotografie braucht Vertrauen
  • Es gibt scheinbar verdammt viele schwarze Schaafe unter den Fotografen
  • Ich konnte noch nichts vorweisen, weder “mega Bilder” noch zig tausende Follower

Selbst wenn der Kontakt einmal gut zustande gekommen war, konnte es sehr schnell daneben gehen. Menschen haben z.B. die Angewohnheit kurzfristig kein Bock zu haben. Auch mit der Äußerung von Shootingideen habe ich gelernt vorsichtig umzugehen. Nein, es ging weder um Akt noch ähnliches, dennoch wurde mir sofort, recht wortkarg, die Unterhaltung abgeschnitten. Dabei stand alles zur Diskussion und ich wäre heilfroh gewesen, wenn ich eine Idee vom Model bekommen hätte. Sowas ist mir ein weiteres mal in einer Fotogruppe passiert. Es sollte ein Studio gemietet werden aber es gab keinen Plan, welche Bilder entstehen sollten. Nachdem ich eine Idee zur Diskussion geäußert hatte, welche von den Models gut angenommen wurde, durfte ich mich vom anderen Fotografen als um die Ecke gelaufener Knipser bezeichnen lassen. Anschließend verwies er mich der Gruppe. Tjanun, Menschen sind und bleiben kompliziert, aber das macht es halt auch spannend.

Um nochmal auf Punk 3 meiner “Nee, mit dem mache ich keine Bilder” Liste einzugehen: Die meisten meiner Shootings organisierte ich über Instagram. Hier wird leider oft anhand von Likes und Followern entschieden, ob ein Shooting zustande kommt. Wenn also ein Model zu wenig Follower hat, gibt es ein Shooting nur als bezahltes Projekt und auch wenn der Fotograf zu wenig hat, kommt man nur selten als TFP Projekt zusammen. Natürlich ist die Reichweite eines Models oder Fotografen etwas, was in Instagram wichtig ist und das ist auch okay so. Allerdings sollte man die Entscheidung eher nach Bild-Stil, Geschmack und Idee treffen. Ansonsten geht einem vielleicht ein grandioses Shooting verloren. Jetzt werden bestimmt drölf Leute aufschreien und “Wertschätzung” rufen, aber Wertschätzung bedeutet nicht unbedingt Bezahlung.

Wertschätzung hat viele Formen und viele Aspekte.

Bilder aus einem Shooting werden wertgeschätzt, wenn sie ausgedruckt werden, aufgehängt oder präsentiert werden. Auch wenn Bilder kreativ weiterverbreitet werden, ist das Wertschätzung. Ein Like und ein Kommentar, in einen Netzwerk wie Instagram, kann auch eine Wertschätzung sein. Gemeinsam eine tolle Zeit während des Shootings zu teilen, ist Wertschätzung. Aussprechen von Empfehlungen ebenfalls. Sogar sich einen Kaffee auszugeben ist Wertschätzung. Wie sie aufgenommen wird und welche Wertschätzung erwartet wird, bleibt aber jedem selbst überlassen.

Und ich bin sehr glücklich, dass ich hier viele gute Erfahrungen machen durfte. Vom besagtem Kaffee bis hin zu Rabatt bei Produkten, sowohl von mir als auch vom Gegenüber. Und eigentlich immer, wurden beide, mit einer tollen Zeit und tollen Gesprächen belohnt.

Vom Negativen zum Positiven

Mein Review soll natürlich nicht nur Probleme ansprechen, ich will auch davon berichten, was ich gelernt habe und was mir Positives wiederfahren ist. Vorab, ich bin sehr dankbar für die ganzen Erfahrungen. Egal ob eine Erfahrung positiv oder negativ war, ich habe daraus gelernt und am Ende brachte es mich weiter. Insofern gibt es eigentlich gar nichts Negatives ;)

Vorallem bin ich dankbar über die vielen Menschen die ich kennenlernen durfte und die vielen tollen Unterhaltungen. Ich glaube das ist am Ende auch einer der Hauptgründe weswegen ich weiter machen werde. Für mich bedeutet es, unheimlich viel andere Sichtweisen und Meinungen kennen zu lernen, mich mit Leuten fachlich auszutauschen oder einfach nur zu quatschen. Sogar Freundschaften haben sich daraus entwickelt.

Vielen Dank für euer Vertrauen und ich denke, ich habe euch nicht enttäuscht.

Erstmal ein Kaffee oder Bier und dann geht’s los.

Nicht nur die Vorbesprechung ist wichtig, damit ein Shooting gut wird sondern auch wie das Shooting startet. Vorallem wenn die Vorbesprechung nur per Chat stattgefunden hat, sollte man sich spätestens am Set etwas mehr austauschen und näher kommen. Am Besten geht das in lockerer Atmosphäre bei einem Kaffee oder einem anderen Getränk. Hier sollten dann auch nochmals die Erwartungen abgesteckt werden. Also welche Bilder möchte das Model, welche der Fotograf, was muss der Fotograf leisten und was kann das Model. Ganz wichtig ist hier auch Smalltalk. Dann aber das Shooting nicht vergessen …

Shooting, ach egal hier gibt`s Schnitzel ^^

Spontan ist halt auch manchmal besser als geplant. Eigentlich waren es bei jedem Shooting am Ende die spontanen Bilder, die am Besten sind. Etwas Planung ist wichtig, das setzt die Rahmenbedingungen. Wenn aber sowohl Model als auch Fotograf unerwartet eine andere Kulisse entdecken und ihnen die Kinnlade runterfällt, dann sollten dort vermutlich die Fotos entstehen, anstatt in der geplanten Kulisse.

Weniger ist manchmal mehr.

Vorallem hinter der Kamera ist weniger mehr und damit beziehe ich mich auf die Personen, die während des Shootings, Input zu den Bildern liefern. Das kann gut gehen und die Bilder besser machen, weil weitere Ideen dazu kommen. Es kann aber auch dazu führen, dass die Situation unsicher wird und sowas ist Gift für ein Shooting. Als Fotograf sollte man sich nicht den Hut abnehmen lassen, denn wenn viele dirigieren gibt’s Chaos.

Auch beim Equipment ist weniger mehr. Die besten Bilder habe ich bisher gemacht, wenn ich so gut wie kein Equipment dabei hatte, bzw. noch gar nicht so viel Equipment besaß und aus dem vorhanden irgendwas zaubern musste. So wurde kurzerhand eine Jalousie an eine Dachlatte geschraubt und zur Kulisse umfunktioniert. Eine alte CD genügt auch um Reflexionen ins Bild zu bekommen und es muss auch nicht immer die State of the Art Kamera mit drölftausend Megapixel sein. Dennoch hab ich mir natürlich immer weiter Equipment dazu gekauft. Wie es der Zufall so will, habe ich bisher nur einen Bruchteil des Equipments eingesetzt. Ich hab also für dieses Jahr noch so einiges vor.

Wie geht’s also weiter?

Fakt ist, es geht weiter und zwar mit neuen Ideen. Und vielleicht mit Dir? ;) Als Erstes steht die Arbeit mit Blitzen auf dem Plan, hier habe ich bisher kaum Erfahrung sammeln können. Mit ein Grund dafür, ist natürlich Platzmangel. Hoffentlich kommt dieses Jahr ein eigenes Studio dazu. Die Ideen dazu stehen und ein wenig Einrichtung ist auch schon gekauft.
Weiterhin werde ich hier von meinen Erfahrungen berichten. Es wird sicherlich auch der ein oder andere Post mit Tipps dabei sein. Auf meinem Instagram Profil wird es zudem before/after Bilder in der Story geben.
Diverse Koorporationen sind auch schon in Planung und füllen, mit den bereits geplanten shootings, den Kalender.

Wenn du Lust hast vor der Kamera zu stehen, kontaktiere mich einfach auf Instagram, auf Facebook oder per E-Mail. TFP-Projekte sind auch weiterhin willkommen, sollten aber eine gute Idee mitbringen.